Lower Pisang - Gyaru - Ngawal - Mungji - Braga

Am nächsten Morgen werde ich bezüglich meiner Wettervorhersage eines besseren belehrt, denn auf dem Boden liegt ein Hauch von Schnee. Der Himmel ist dicht bewölkt und von der Sonne ist nichts zu sehen. Meine über der Wäscheleine hängenden Socken sind gefroren.
Schade, denn heute hätten wir bei unserem Aufstieg nach Ghyaru sicherlich eine gute Aussicht auf die Annapurna gehabt. Wie machen sich unsere Träger bereits vor uns auf den Weg zur nächsten Lodge. Dieses Mal werden wir jedoch unterschiedliche Wege wandern, denn unsere Träger werden den einfachen und flachen Weg durch das Tal in Richtung Braga wandern. Wir hingegen laufen einen „Umweg“ über Ghyaro, d.h. den sogenannten „Upper Trail“. Dies verbessert unter anderem unsere Akklimatisierung, denn nach einer Reizphase in größerer Höhe haben wir in Braga eine verhältnismäßig niedrige Schlafhöhe.

 

Die Annapurna zeigt sich kurz

Wir verlassen unsere Lodge über die steile Treppe und biegen wenige Meter später rechts ab. Das Bachbett überqueren wir mittels einer stabilen Hängebrücke. Anfangs ist der Wegverlauf noch flach und somit ideal zum warmlaufen. Trotz des bewölkten Himmels haben wir einen schönen Blick auf die steilen Eiswände des Annapurna II. Zusammen mit dem grün gefärbten See wäre dies ein perfektes Photomotiv bei sonnigem Wetter, doch auch so hat die Landschaft seinen Reiz. Nach der längeren Photopause am See erreichen wir wenig später eine sehr lange Mani Mauer. Hier bzw. nach Passieren der Hängebrücke beginnt der Aufstieg nach Ghyaro. Der Aufstieg beträgt 500 Höhenmeter, welche es mittels zahlreichen Serpentinen zu überwinden gilt. Kami mahnt uns nicht zu schnell zu wandern, denn „nicht der sprintende Hase wird der erste sein, sondern die gleichmäßig wandernde Schildkröte“. Langsam steigen wir auf, immer wieder den immer besser werdenden Blick auf die Annapurna II und IV und in Richtung des freier werdenden Tals gerichtet.

Am Ufer des kleinen Sees

In Stein gehauene Mantras Mittelalterlich wirkendes Dorf

Unterwegs steht eine Nepali, die Wasserflaschen und einige Amulette verkaufen möchte. Damit hätten wir auch nicht gerechnet, allerdings wird der eine oder andere Trekker sicher froh über eine Flasche Wasser sein.
Mittlerweile ist es kühl geworden, denn ein stetiger Wind bläst den Berg hinauf. Als wir in Ghyaro ankommen, ziehe ich erst einmal einen Fleecepulli an und esse etwas. Am Dorfeingang stehen einige größere Bäume und gemauerte Flächen bieten sich zu sitzen an – mir ist es jedoch zu kalt und ich bleibe lieber in Bewegung.
Das Dorf ist noch sehr ursprünglich, was wir bei unserem Weiterweg durch die engen Gassen sehr schön sehen können. Kami möchte uns noch ein Kloster zeigen, doch leider ist dieses verschlossen und der „Schlüsselmann“ leider nicht im Dorf. Schade, doch auch so können wir einige schöne Schnitzereien und Malereinen besichtigen. Einen kleinen Tipp von Kami beherzigen wir bei unser Wanderung durch das Dorf – nicht unter den Rohren hindurch laufen, die aus den Häusern ragen, denn es handelt sich hierbei um die Abflüsse der Toiletten.

Wir steigen auf zu einem kleinen Kloster

 

Nachdem wir leider das Kloster nicht besichtigen konnten, machen wir uns an den Weiterweg auf einem schönen Höhenweg in Richtung Ngawal. Bei schönem Wetter hat man vom Höhenweg aus einen perfekten Blick auf die auf der anderen Talseite liegende Annapurna. Trotz der Wolken an diesem Tag bieten sich immer wieder interessante Ausblicke und die Etappe vergeht wie im Flug. Die kleineren Gegenanstiege auf dem Höhenweg fordern jedoch die Kondition, so dass wir bei einem kleinen Shop unsere nächste Pause einlegen. Ein Mittrekker bekommt beim Kauf einer Flasche Wasser einen alten Rupienschein ausgehändigt – für uns war dies nicht ersichtlich, denn lediglich das Motiv hat sich gegenüber dem aktuellen Geldschein verändert.

Blick zum Annapurna

Das Innere einer Stupa

Schnitzereien an einem der Häuser

 

Während der Pause schaue ich auf die Wanderkarte und bin etwas verwundert darüber, dass wir nur etwas mehr als die Hälfte der Wegstrecke hinter uns gelassen haben. Es ist bereits nach Mittag und wir müssen auch noch eine Mittagspause einlegen, welche wir kurz vor Ngawal machen wollen. Doch der Weg dorthin geht schneller als erwartet, denn eine Stunde später erreichen wir aufgrund des bergab führenden Weges das „Himalaya Restaurant“, wo wir uns windgeschützt an die Wand der Lodge setzen.

Ohne Worte

Ein schöner Höhenweg (hier kurz hinter Ghyaro)

Blick zurück auf die Etappe des Vortages

 

Wir haben einen schönen Blick auf Ngwal, die Annapurna und das oberhalb von Ngwal liegende Kloster. Die Pause fällt etwas kürzer aus, doch ein leckeres Mittagessen muss sein: Schweizer Rösti und eine Suppe. Während der Pause haben wir freien Blick auf Annapurna II, III und IV

Das Dorf Ngwal!

Wir machen Mittagspause Mani Steine

Fasten Seatbelts – es geht weiter. Wenige Minuten nach Abmarsch wandern wir durch das Dorf Ngwal. Es stehen hier sehr wenige Lodges im Verhältnis zu anderen Dörfern auf der Annapurna Runde. Wir verlassen im zügigen Schritt Ngwal und folgen dem links ins Tal abzweigenden Weg. Die heute Morgen mühsam erklommenen Höhenmeter steigen wir nun innerhalb von kürzester Zeit wieder ab. Dabei müssen wir auf dem sandigen bzw. mit Geröll bedeckten Boden etwas aufpassen. Je näher wir dem Talboden kommen, desto besser wird der Blick auf die erosionsgeschädigten Hänge. Nachdem wir den lichten Wald passiert haben wandern wir die letzten Kilometer durch das Tal auf fast ebenem Weg. Manang ist bereits sichtbar, so dass wir die noch zurückzulegende Wegstrecke bis Braga gut abschätzen können.
Am Himmel hängen mittlerweile dunkle Wolken, so dass ich froh bin, als wir endlich die in Braga liegende „Buddha“ Lodge erreichen.

Die Buddha Lodge

 Ich stelle mich vor der Lodge auf eine kleine Mauer und lasse gerade ein Bild von mir machen, als Kami von hinten ohne Vorwarnung mit einem Staubwedel meine Schuhe und meine Beine abklopft. Vor Schreck falle ich fast von der Mauer – was zur Erheiterung der anderen beiträgt. Ich muss selbst lachen und mir fällt in diesem Moment die allgemein gute Stimmung innerhalb unserer Gruppe auf. Als wir dann in die Lodge kommen verschlägt es uns fast die Sprache. Eine Alpenvereinshütte kann eigentlich nicht gemütlicher sein, denn neben einer (warmen!) Dusche und einem Wintergarten gibt es einen gemütlichen Gastraum. Als Schmankerl hat der Wirt einige Leckereien gebacken: Schokoladen- und Karottenkuchen, Zimtschnecken, Apfelstrudel… Nach der Dusche treffen wir uns in der Gaststube und ich esse erst einmal einen Schokoladenkuchen und trinke zwei starke Kaffee. Leider wird es recht kühl in der Lodge, allerdings muss man auch bedenken, dass wir bereits über 3000 m sind und dementsprechend die Temperaturen nachts unter Null liegen. Bis der im Gastraum stehende Ofen endlich angezündet wird, sitze ich somit mit Mütze und Fleecepulli im Gastraum. Nebenbei schreibe ich mein Tagebuch, welches mir beim Schreiben dieses Reiseberichtes wertvolle Erinnerungen gibt. Das Abendessen ist wieder einmal äußerst lecker: Zwiebelsuppe, Spaghetti mit Nakkäse und Schokoladenkuchen.

Tageszusammenfassung

Höhenmeter Auf- / Abstieg 700 m 400 m
Gehzeit 6-8 Stunden