Ghorepani - Poon Hill - Ghorepani - Nangethati - Ulleri - Tirkhedhunga

Heute steht die Wanderung zum Poon Hill vor dem Frühstück an, um dort den Sonnenaufgang und das Panoramablick auf den Annapurna I und South zu bewundern. Um 5 Uhr hallt wieder ein "Kikeriki" durch den Gang - Kami spielt unseren Wecker. das ist auch gut so, denn durch die Ohropax habe ich meinen eigenen Wecker überhört. Der erste Blick aus dem Fenster ist jedoch ernüchternd, denn es hängen weiterhin dicke Wolken vor den Bergen – sofern dies im Dunkeln zu erkennen ist.
Etwas müde packe ich meine Sachen zusammen und ziehe meine Klamotten an. Unsicher bin ich mir über die Anzahl der Bekleidungslagen. Ich entschließe mich schließlich zu einem Verzicht auf die winddichte Regenhose, was sich wenige Minuten nach dem Abmarsch als richtig herausstellt, da mir auch so mehr als warm ist.

Die Annapurna ist leider durch Wolken verdeckt

Nach einer Tasse Tee starten wir um 5:25 Uhr mit dem etwas mehr als eine Stunde dauernden Aufstieg. Mit unseren Stirnlampen sehen wir lediglich einige Meter weit. Die Schatten am Himmel bzw. die nicht sichtbaren Sterne lassen die Hoffnung auf einen schönen Sonnenaufgang jedoch schrumpfen. Auf dem Boden liegen noch die Reste des gestern gefallenen Hagels. Auf den Steinen müssen wir daher aufpassen, nicht auf dem Hosenboden zu landen. Kurze Zeit später wird das Tempo noch etwas langsamer, denn vor uns ist eine aus ca. 50 Personen bestehende chinesische Gruppe. Der Ausrüstung nach könnten einige der Wanderer gerade von einer Everest Expedition zurück kommen. Das Tempo der Gruppe und das schnaufen zeugen jedoch von einer anderen Leistungsdichte. Mit einigen energischen Schritten und Worten verschafft sich Kami Platz und wir folgen ihm an der Gruppe vorbei.

Endlich kommt die Sonne hervor

Blick gen Westen in Richtung Daulaghiri (nicht im Bild) Hagelkörner vom Vorabend unter schönen Blumen

Der Aufstieg zum Poon Hill dauert etwa eine Stunde und beträgt nur ca. 300 Höhenmeter Der Pfad führt nach Verlassen von Ghorepani durch den Rhododendronwald in einigen Kehren bis zu einem kleinen Tor und anschließend über Wiesenflächen zum breiten Grasgipfel. Dort steht neben dem stählernen Aussichtsturm auch ein kleiner Teashop, in dem man sich auch einen Schokoladenriegel kaufen kann.

Als wir oben ankommen, dämmert es bereits und unsere Befürchtung hat sich bewahrheitet. Der Himmel ist noch mit dicken Wolken übersäht und die Aussicht auf die 8000er Daulaghiri und Annapurna dementsprechend eingeschränkt. Ich habe zwar noch Hoffnung, dass die Aussicht innerhalb der nächsten Stunde vielleicht besser wird, doch erst einmal bleibt uns ein toller Sonnenaufgang verwehrt.

Gipfelschild vor der Annapurna

 

Je länger wir oben am Gipfel stehen, desto ruhiger wird es. Als erste steigen die Chinesen wieder ins Tal ab. Anschließend steigen nach und nach auch die anderen Gruppen ab, bis schlussendlich nur noch ein Trekker aus meiner Gruppe, zwei andere Trekker und ich am Gipfel stehen und die immer besser werdende Aussicht bestaunen.

Langsam aber sicher öffnet sich der Blick auf die umliegenden Berge. Anfangs ist nur das Tiefland einsehbar, allerdings verbessert sich minütlich der Blick auf den Daulaghiri immer mehr. Bei freier Sicht könnte man den Daulaghiri, die Annapurna I, Annapurna South und den Fishtail bewundern.

Wolken werden über die Annapurna gepeitscht

Altschneefelder

Tolle Ausblicke
Links der Daulaghiri (Spitze schaut aus den Wolken) Ghorepani

 

Wir denken zu Beginn, dass ein etwas versetzt stehender aus den Wolken herausschauende hohe Gipfel der Daulaghiri ist. Als dieser jedoch wenige Minuten später aus den Wolken hervorkommt und den anderen Gipfel um einiges überragt, bin ich erst einmal sprachlos. Leider öffnet sich die Aussicht auf den Annapurna nicht komplett, auch wenn kurz nach 8 Uhr die Aussicht viel besser ist als noch bei Sonnenaufgang. Die Wartezeit hat sich gelohnt und die gewonnene Gelassenheit hat sich ausgezahlt. Irgendwann treibt mich jedoch der Hunger ins Tal. Meinen Mittrekker hänge ich während des Abstiegs ungewollt ab. Während des Abstiegs mache ich immer wieder kurze Photopausen, denn der Wind peitscht die Wolken über den Gipfel der Annapurna und bietet dementsprechend ein interessantes Motiv. Der Hagelrest ist mittlerweile fast vollständig getaut und die Sonne lässt die Temperaturen schnell ansteigen.

Endlich ist der Gipfel frei sichtbar

Solch eine Aussicht hätte ich gerne bei jedem Frühstück ;) Blick zum Poon Hill

Als ich in der Lodge ankomme, sind die anderen bereits fertig mit dem Frühstück. Dieses nehme ich alleine zu mir. Vorher muss ich jedoch noch meinen Packsack mit dem Tagesgepäck fertigmachen, da unsere Träger abmarschieren wollen.

Nach dem Frühstück (Tibetan bread, Müsli, Rührei) setze ich mich zu den anderen auf die in der Sonne liegende Terrasse bzw. mache noch einige Bilder von der nun fast komplett sichtbaren Annapurna. Der Abschied von dem hohen Berg fällt irgendwie schwer als wir die Passhöhe von Ghorepani überschreiten. Von nun an ist die Landschaft aufgrund des fehlenden Bergblicks nicht mehr hochalpin geprägt, zumal um uns herum der blühende Rhododendron die Aussicht stark einschränkt. Je weiter wir auf dem breiten Weg absteigen, desto größer und blütenreicher werden die Bäume. Ich hatte zwar schon im Vorfeld viel darüber gelesen, doch dass komplette Wälder mit roten Blüten übersäht sein könnten, hätte ich nicht gedacht. Neben dem Rhododendron gibt es immer wieder andere Pflanzen wie z.B. Orchideen zu bewundern.

Der Pass ist fast erreicht

Zwischendurch wandern wir an erstaunlich wenigen Lodges vorbei. Auch kommen uns unerwartet wenige Trecker entgegen; lediglich einige Gruppen sind auf dem Aufstieg nach Ghorepani. Unterwegs treffen wir auf eine Gruppe von Einheimischen, die am Wegesrand kochen. Wir Schauen kurz in den Kochtopf und machen einige kleinere Späße mit den Nepali bevor wir weitergehen.
Je weiter wir absteigen, desto dichter wird die Vegetation und die Rhododendronbäume werden weniger. Teilweise erinnert die Vegetation fast schon an einen Regenwald. Insgesamt eine willkommene Abwechslung, auch wenn der glitschige Weg zur Vorsicht mahnt.
 

Rhododendronblüte

 

Die Mischung aus Matsch, Eseldung und Feuchtigkeit kann auf einem Stein sehr schnell zu einem Ausrutschen führen, was jedoch aufgrund des teilweise schmalen Weges zu einem ungewollten Absturz in die Schlucht führen könnte.An einem kleinen Bachlauf machen wir eine kleine Fotopause. Die Regenwaldähnliche Landschaft lässt uns immer wieder kurz verweilen und unbekannte Pflanzen bewundern.

Mittagspause machen wir an einem Aussichtspunkt auf einer Sonnenterrasse, von wo man bei gutem Wetter den Ausblick auf den Fishtail genießen könnte. Ich esse ein "Schweizer Rösti" mit Käse und trinke eine Cola - für 250 Rupien.

Orchideen

 

Die aufgekommenen Wolken „vermiesen“ uns jedoch die Aussicht. Dennoch sitzen wir gut auf der Terrasse und schauen einer alten Frau zu, wie sie Dochte für Kerzen von Hand fertigt. Auch beobachten wir einen jungen Hund und die zwei Kinder, die um uns herum spielen.
Ein Blick auf die Karte lässt mich etwas verwundert dreinschauen, denn wir haben nur knapp mehr als die Hälfte des Weges absolviert, zumal die meisten Höhenmeter noch vor uns liegen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wie der weitere Weg aussehen wird…

Nachdem wir in aller Ruhe unsere Mittagspause gemacht haben, geht es an den Abstieg. Wir verlassen den Wald und erreichen landwirtschaftlich geprägtes Gebiet mit verstreut liegenden Häusern und den üblichen Terrassenfeldern.

Geflügeltransport

Beim Abstieg über die zahlreichen Stufen Tirkhedhunga

Irgendwann fällt mir auf, dass auf dem Boden Zahlen angeschrieben sind. Irgendwann erfahre ich, dass es sich hierbei um die noch zu absolvierenden Stufen bis ins Tal handelt – zu diesem Zeitpunkt passiere ich gerade die Zahl 3500. Insgesamt sind mehr als 4700 Stufen bis ins Tal zu überwinden. Treckingstöcke sind daher mehr als hilfreich und entlasten die Knie ungemein.

Als ich endlich den Talboden erreiche, gilt es noch die beiden Bäche mittels Hängebrücken zu passieren. Zwei Kinder warten bereits auf die Trecker und betteln um Stifte und Süßigkeiten. Als sie merken, dass ich nichts habe, werden Sie unfreundlich und schicken mir einige Flüche oder Beleidigungen hinterher. Mitwanderer bekommen sogar einen leichten Schlag ab. Allerdings war dies eines der wenigen Erlebnisse, bei denen ich / wir auf unfreundliche Nepali getroffen sind.

Farbenfrohe Lodge Abendessen Dhal Baat


Dann erreichen wir endlich das bereits seit langem sichtbare Dorf Tirkhedhunga und unsere Lodge. Das Zimmer ist wieder etwas einfacher. Zwischen den Balken kann man problemlos ins Nachbarzimmer schauen. Allerdings gibt es zwei Duschen mit nicht wirklich warmen „Hot Water“, die natürlich gerne genutzt werden. Wir trinken im Innenhof ein Everest Bier und genießen die Ruhe nach dem anstrengenden Tag. Während wir in der Sonne sitzen, können wir dem regen Treiben in der Küche zuschauen. Als dort kurzzeitig ein etwas größeres Feuer angefacht wird, dampft das komplette Dach aufgrund der noch nassen Schindeln.

Das Abendessen kann ich leider nicht genießen, da ich mit dem Dhal Baat den Durchfall von Kagbeni verbinde - schade eigentlich.
Abends findet eine Art Abschiedsfeier statt. Unsere Träger bekommen ihr Trinkgeld und nicht mehr benötigte Ausrüstungsgegenstände. Um keinen zu bevorzugen werden die Ausrüstungsgegenstände aufgeteilt und dann mittels Losen entschieden, welcher Träger welchen Haufen bekommt. Auch geben wir unserem Nepalesischem Team noch ein Bier aus. Die Stimmung wird dadurch nochmals aufgelockert und es werden einige Lieder mit Tanzeinlage zum Besten gegeben.

Müde krieche ich wenig später in meinen Schlafsack, auch wenn ich die kommende Nacht nicht besonders gut schlafe – ich habe einige Flohbisse an den Füßen (Respekt an die Flöhe…) und befürchte weitere, was mich bei jedem Ziepen oder Jucken hochschrecken lässt. Außerdem liegt mein Zimmer direkt neben der Toilette, deren Tür bei jedem Öffnen ein lautes Quietschen von sich gibt.

 

Tageszusammenfassung

Höhenmeter Auf- / Abstieg 400 m 1500 m
Dauer Auf- / Abstieg 6-7 Stunden (mit Poon Hill)