Thorong Pedi - Thorong Pass / Thorong La - Muktinath

Heute klingelt der Wecker mitten in der Nacht. Bereits um 4:30 holt mich das fiepen des Weckers aus dem warmen Schlafsack. Der gestern an meinen Schuhen klebende Schnee ist immer noch vorhanden – es hatte also unter Null Grad in der Nacht im Zimmer. Unser Guide Kami geht auf Nummer sicher und dreht die Runde – ein freundliches „kickeriki“ nach dem Klopfen soll auch die letzten aus dem Schlafsack bringen. Nach dem Einpacken und dem Anziehen meiner Trekkingklamotten schlüpfe ich in die eiskalten Schuhe und laufe zum Frühstück. Ich bin einer der wenigen, der etwas essen kann. Auf die hart gekochten Eier verzichte ich jedoch. Wie sich später herausstellt, war dies eine gute Entscheidung, denn einige der Eier waren wohl verdorben.

Aufbruch in voller Montur

Nach dem befüllen der Trinkflaschen brechen wir auf. Der Himmel ist sternenklar und demensprechend ist es kalt. Einer unserer Träger rutscht gleich nach wenigen Metern aus. Zwar ist nichts passiert, aber der Sturz zeugt von dem leider teilweise vereisten Weg. Wenigstens haben unsere Träger auf dieser Tour ordentliche Wanderschuhe an und keine Badelatschen.

Die ersten Meter muss ich etwas kämpfen um die Müdigkeit zu überwinden und um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Anfangs habe ich kalte Füße, doch mit jedem Meter wird zuerst der Oberkörper wärmer und bis zur Hochalm bin ich komplett aufgewärmt. Der Weg führt uns wie am Vortag in zahlreichen Serpentinen zur Hochalm. Im Licht der Stirnlampen sind jedoch nur jeweils die nächsten Meter zur erkennen, dennoch erkenne ich einige markante Stellen am Wegesrand.

Blick zurück in Richtung Annapurnamassiv

Altschneefelder

Tolle Ausblicke
Langsam geht die Sonne auf ... ... und öffnet den Blick auf eine traumhafte Winterlandschaft

Nach etwa 1:15 erreichen wir die Hochalm. Dort machen wir eine erste Pause und ich fülle meine Wasserflasche erneut auf. In der ersten Stunde habe ich mich dazu gezwungen, den einen Liter komplett zu trinken, da Flüssigkeitsaufnahme extrem wichtig in diesen Höhen ist. Neben dem normalen Flüssigkeitsverlust führt die trockene Luft zu einem erhöhten Flüssigkeitsverbrauch, der ausgeglichen werden muss.

In der Hochalm geht es ruhig zu. Die meisten anderen Trekker sind bereits aufgebrochen, während wir im Scheine unserer Stirnlampen uns etwas ausruhen. Auch wenn die Hälfte der Höhenmeter bereits hinter uns liegt, so folgen noch weitere 3-5 Stunden Aufstiegs bis zum Pass.
 

Der Weg ist nicht zu verfehlen

 

Während wir warten wird mir wieder kalt – vor allem an den Füßen. Dementsprechend bin ich froh, dass Kami irgendwann „Fasten Seatbelts“ ruft und wir aufbrechen. Mittlerweile ist es draußen hell geworden und wir können trotz der kalten Luft die Aussicht auf die Bergwelt genießen, zumal keine Wolke am Himmel der Aussicht im Wege steht.

Der Weg in Richtung des Passes ist nun flacher und windet sich anfangs um einige Hügel herum, ohne dass man viele Höhenmeter gewinnt. Aufgrund der Höhe und des Neuschnees ist der Weg dennoch anstrengend. Außerdem muss an einigen Stellen stark darauf geachtet werden, dass man auf dem teilweise schmalen Weg nicht wegrutscht. Auf dem Schnee würde man ansonsten weit ins Tal rutschen.
 

Blick zurück

Altschneefelder

Tolle Ausblicke
Annapurnamassiv Der vermeintliche Passübergang

 

Nachdem wir eine kleine Brücke passiert haben, geht es kurz etwas steiler einen Hang hinauf, der eine Seitenmoräne eines ehemaligen Gletschers sein könnte. Während wir diesen Hang hinauf steigen, kommt langsam die Sonne hinter den Bergen hervor. Die Aussicht auf die teilweise in der Sonne befindlichen Gipfel ist atemberaubend (oder war es die dünne Luft?). Ich mache erst einmal zahlreiche Bilder und versuche den Augenblick zu genießen. Ich wundere mich über die wenigen Spuren im Schnee und über die wenigen anderen Wanderer, die mit uns unterwegs sind. Nach wenigen Minuten wird mir jedoch wieder kalt und ich breche auf. Vor mir liegt ein verschneites Hochtal ohne Wanderer, welches farblich im totalen Kontrast zu dem makellosen tiefblauen Himmel steht. Es macht richtig Spass, durch diese phantastische Landschaft zu laufen, auch wenn es aufgrund des Schnees teilweise recht anstrengend ist.

 

Entspannt sieht anders aus ;)

Khatung Kang (6484 m)  

Nachdem die Sonne komplett herausgekommen ist, wird es langsam warm. An der etwa auf 2/3 des Weges zum Pass liegenden Hütte machen wir eine längere Pause. Ich fülle meine 2 Getränkeflaschen nochmals auf und schaue unsere Guides / Trägern bei einem kleinen Tänzchen zu. Ich habe weiterhin keine Probleme mit der Höhe, wenn man von dem üblichen Schnaufen einmal absieht und kann daher die gesamte Tour genießen. Die Aussicht wird mit jedem Höhenmeter beeindruckender und der frisch gefallene Schnee lässt die Landschaft noch imposanter wirken.
 

Der Pass ist fast erreicht

Der Weiterweg zum Pass gestaltet sich dann doch noch anstrengender als erwartet. Es gilt, zahlreiche kleinere Hügel zu erklimmen. Der Schnee ist teilweise knietief, so dass ich immer wieder einsinke. Auch wenn die Landschaft und die tolle Aussicht Motivation genug sein sollten, so bin ich innerlich kurz am fluchen als ich einen Hügel erreiche, der von unten wie der Passübergang aussieht. Zahlreiche Steinmänner stehen auf einer kleinen Anhöhe, einige Trekker und Träger rasten dort – doch als ich eintreffe stellt sich heraus, dass der Weg zum Pass längst noch nicht geschafft ist. Schnaufend setze ich mich erst einmal an ein Steinmandl und genieße die Aussicht, trinke etwas laufwarmen Tee und esse ein Snickers. Da ich direkt am Wegesrand sitze, kann ich den anderen Trekkern zuschauen, wie sie sich den steilen Hang hochkämpfen. Nach der kurzen Rast fühle ich mich gestärkt. Der Höhenmesser zeigt an, dass der Pass keine 150 Höhenmeter mehr entfernt sein muss – das sollte doch zu packen sein.

... geschafft - das Schild am Passübergang ist in Sichtweite

 

Kurze Zeit später kommt einer unserer Träger mir entgegen und gratuliert mir. Der Pass wäre um den nächsten Hügel herum. Tatsächlich sehe ich wenige Meter später die am Pass befindlichen Gebetsfahnen. Die letzten Meter genieße ich und ich muss vor Freude fast eine Träne aus dem Auge drücken. Kurz vor den Gebetfahnen werde ich von den bereits oben befindlichen Mitwanderern empfangen. Anstatt zu rasten müssen erst einmal die obligatorischen Bilder am Thorong La Schild gemacht werden. Im Anschluss stapfe ich einige Meter höher zu einem durch zwei Steinmandl markierten Hügel, wo ich in Ruhe die Aussicht genieße. Die Landschaft ist einfach phänomenal. Im Osten ist durch den Neuschnee alles weiß; im Westen ist eine karge Landschaft sichtbar, die einen tollen Gegensatz zur Schneelandschaft bietet.

 

Das obligatorische Photo am Passschild

 

Als alle Mitstreiter am Pass eingetroffen sind, machen wir noch das ebenfalls obligatorische Gruppenbild. Auch hängen wir wieder eine Gebetsfahne und einen Cada mit unseren Namen auf.

Nach etwas mehr als einer Stunde brechen wir in Richtung des 1700 m unter uns liegende Muktinath auf. Der Anfangs flache Weg wird zunehmend steiler und aufgrund des Schnees/Harsches teilweise sehr rutschig. Natürlich hat es mich irgendwann auf den Hintern, aber zum Glück passiert mir nichts.

Mit abnehmender Höhe wird auch der Schnee immer weniger, bis wir irgendwann in zahlreichen Serpentinen am Rand der Moräne absteigen. Der Weg ist matschig und ich sinke teilweise 10 cm tief ein. Nachdem mir auf halbem Weg des Abstiegs bereits das Trinkwasser ausgegangen ist bin ich froh, die etwa eine Stunde oberhalb von Muktinath liegenden Hütten zu erreichen.

Khatung Kang (6484 m) vom Pass aus

Während des Abstiegs / im Tal liegt Muktinath Blick in Richtung Mustang

Hier trinke ich erst einmal eine Flasche Wasser, nachdem ich eine Flasche ohne Eisstücke erhalten habe. An den Hütten treffe ich auch Martin und Erich wieder, die einem österreichischen Paar beim Abstieg geholfen hatten. Er hatte zu wenig getrunken und gegessen und dementsprechend Kreislaufprobleme bekommen. Um ihm weiter zu helfen, trägt Erich den Rucksack ins Tal, wo er später abgeholt wird. Der Weg bis nach Muktinath ist meisten flach, doch nach der bereits hinter uns liegenden Anstrengung zieht er sich ziemlich in die Länge. Leider sehen wir beim Erreichen des Ortseingangs, dass unser Hotel am anderen Ende des Dorfes liegt – war irgendwie klar. Muktinath ist zwar ganz nett, doch wir haben keine Augen mehr für die Sehenswürdigkeiten und sind froh, als wir endlich unsere Lodge erreichen. Die erste richtig warme Dusche seit Kathmandu ist eine wohltat und allemal die 100 Rupien Aufpreis wert. Ich mus gestehen, dass ich mich selten so über eine warme Dusche gefreut habe wie an diesem Tag. Im Anschluss gab es noch ein sicherlich verdientes Everest Bier auf der Sonnenterrasse, wo ich später auch noch einige Kleidungsstücke wasche.

 

Tageszusammenfassung

Höhenmeter Auf- / Abstieg 1000 m 1700 m
Dauer Auf- / Abstieg 4-5 Stunden ca. 3-4 Stunden